Der tägliche Kampf um die Therapie
Julian ist 7 Jahre alt. Und seine tägliche Inhalation ein Kampf, der viel Zeit und Nerven braucht …
“ Julian komm‘, es ist Inhalierzeit.“ – keine Reaktion.
„Hallo Julian, es ist Inhalierzeit!“ Ich höre ein genervtes „gleich.“
Fünf Minuten vergehen – Julian sitzt immer noch nicht an seinem Inhaliergerät.
„…nur noch eben meine Legoinsel fertig bauen.“ Weitere fünf Minuten vergehen … bis ich ihn schon völlig entnervt an seine ‚Schnüffelkiste‘ zitiere.
So oder so ähnlich beginnt häufig die drei mal täglich durchzuführende Inhalation.
Haben wir dann endlich begonnen, geht der Kampf erst richtig los. Ständige Aufforderungen zum intensiven, langen Ein- und Ausatmen und zur Konzentration sind nötig. Wenn dann ein „kleiner“ Wutanfall unseres Julian dazwischen kommt, wird aus der im Optimalfall 20-minutigen Inhalation schnell mal eine Stunde.
Wer selbst schon einmal inhaliert hat, kann den Kindern nachfühlen, wie langweilig und zugleich anstrengend die Inhalation ist – leider vergisst man das allzu oft! Auch wir Mütter und Väter haben natürlich oft keine große Lust auf die Therapie, uns motiviert aber das Wissen um die Notwendigkeit. Julian sieht das leider noch nicht immer ein.
… mit Abwechselung und Verhandlungsgeschick geht es meistens besser …
Ich versuche also, die Therapie möglichst interessant und abwechslungsreich zu gestalten, z.B. indem ich Pustespiele integriere, vorlese oder aufzeichne wie lange ein- und ausgeatmet werden soll.
Sind Freunde zu Gast, werden diese bei der Inhalation mit einbezogen und ‚umgepustet‘. Leider werden die ‚Therapiespiele‘ recht schnell langweilig, sodass der ein oder andere Spielkamerad dann doch im Zimmer auf Julian warten muss.
Ganz besonders viel Verhandlungsgeschick bedarf es, wenn die Freunde schon vor der Therapie da sind. Das Spiel zu unterbrechen ist oft schmerzlich und mit großem Gezeter verbunden.
Ein klar gegliederter Tag mit festen Therapiezeiten bzw. Absprachen erleichtert uns den Tagesablauf. Julian fragte mich schon als 4jähriger manchmal nach seinem ‚Therapiestand‘ oder meinte, wir sollten doch bald inhalieren, damit er den Rest des Tages frei habe (diese Einsicht hat er aber leider nur allzu selten … s.o.).
Insgesamt benötigt die Therapie 3 bis 4 Stunden täglich, sodass das Zeitkorsett, in dem wir uns bewegen, sehr eng ist – und ich versuche, die Therapie möglichst reibungslos in den Tagesablauf zu integrieren und zeitmäßig zu optimieren, wie z.B. durch Inhalationen im Auto.
… Ernährung – für uns kein Thema …
Viele Familien stellt das Thema Ernährung ihres Muko-Kindes vor große Probleme. Da wir selbst gerne gut essen, lassen unsere gourmet-verwöhnten Kinder keine Möglichkeit aus, sich an gutem Essen zu laben. Regelmäßige Essenszeiten, gemeinsames Essen am Tisch und in der Regel frisch zubereitete Mahlzeiten (natürlich gibt`s auch mal Fingerfood unterwegs) sind unser Rezept.
… Bewegung und Sport – möglichst auslagern …
In den ersten 5 – 6 Lebensjahren habe ich mit meinem Sohn sehr konsequent geturnt – unser Wohnzimmer sah aus wie ein Fitnessstudio : Sprossenwand, Trampolin, Keil und Matte waren im Dauereinsatz. Die erlernten Übungen wurden schnell zum Selbstläufer und Julian probierte die Übungen auch alleine oder mit seinen Freunden aus. Aber als Julian ins Schulalter kam, wurde unsere tägliche Turnstunde immer mehr zum Kampf. Manchmal eskalierte die Situation und es kam oft bis zur völligen Verweigerung. Mir wurde allmählich klar, dass diese Art des Sports „nur“ mit der Mutter nicht mehr altersgemäß war. Julian geht jetzt seit einem halben Jahr mit Begeisterung zum Fußballtraining – und wie sollte es anders sein – auch Fußball wird zum Selbstläufer… jeden Nachmittag wird im Hof ‚herumgebolzt‘. Zu meinem Entsetzen muss ich nun fast jeden Sonntag auf dem Fußballfeld verbringen und meinen Sprössling anfeuern …
Wir müssen uns mit unseren Anforderungen in der Theapie den Entwicklungsstufen der Kinder anpassen – und manchmal ist gerade dann, wenn man auf das „mehr“ an Vernunft hofft, das Gegenteil der Fall… mir graut schon vor der Pubertät unseres Julian, denn ich weiß nicht, welchen Einfluss ich dann noch haben werde und ob man dann schon die „Früchte“ seiner Erziehung ernten kann, ist ungewiss … normalerweise wird’s wohl eher schwieriger. Vielleicht finden sich LeserInnen, die dazu etwas erzählen möchten …?
P.K.
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